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Die Nordische Mythologie

Was hat eigentlich die Nordische Mythologie mit Ah! My Goddess zu tun? Eine berechtigte Frage. Die kürzeste Antwort darauf wäre wohl: Viel!
Es mag ja durchaus sein, dass Kosuke Fujishima sich anfangs nicht unbedingt Gedanken über die Götter und Helden der Germanen machte, als er sein Werk erschuf. Doch weshalb neue Götter erfinden, wenn die alten völlig ausreichend sind?

So ist das göttliche Geschwistertrio Belldandy, Urd und Skuld auf die drei Nornen Verdandi, Urd und Skuld zurückzuführen, wobei letztere ebenso sowohl die Gegenwart wie auch die Vergangenheit und die Zukunft repräsentieren. Man nimmt an, dass ihre Namen sich aus den Formen des Verbs verða herleiten: urðr zu urðum "wurden", verdandi "werdend" oder "seiend" und skuld zu skulu "werden" oder "wollen"; urðr ist übrigens zugleich das altnordische Wort für "Schicksal", sodass es nicht verwundert, warum man die Nornen auch als Schicksalsfrauen bezeichnet. Tatsächlich sollen sie das Leben jedes neugeborenen Kindes bestimmt haben, und niemand, nicht einmal die mächtigen Götter selbst, konnte sich ihrem unwiderruflichen Urteil entziehen.
Der eddischen Mythologie nach (Edda: Sammlung altnordischer Helden- und Götterlieder) stammen die drei Nornen aus Thursenheim, dem Land der Riesen. Sie bewohnen eine prächtige Halle am Urðarbrunnr (Brunnen der Urd, Schicksalsbrunnen), die eine der drei Quellen unter den Wurzeln der immergrünen Weltesche Yggdrasil darstellt. Dies ist der Ort, an dem die Götter ihre Versammlungen abhalten und von den Nornen deren Urteil vernehmen. Mit dem heiligen Wasser des Urdsbrunnens und dem Lehm um die Quelle herum besprühen die Nornen jeden Tag den Weltenbaum, damit dieser weder verdorrt noch verfault, denn das Schicksal der Welt ist an die Existenz des schönsten und heiligsten aller Bäume gebunden.
Yggdrasil ist aber nicht nur der schönste und heiligste aller Bäume, sondern auch der größte, denn seine Zweige ragen sogar über den Himmel hinaus. Drei Wurzeln halten ihn aufrecht, wobei die eine bis nach Niflheim, der nordischen Unterwelt, reicht. Unter dieser Wurzel liegt die Quelle Hvergelmir, an der der Drache Níðhöggr haust und an der Wurzel der Esche nagt. Die zweite wendet sich zum Land der Hrímthursen (Reifriesen), wo einstmals Ginnungagap war, der kosmische Ur-Raum vor Erschaffung der Welt. Hier befindet sich der Mímirsbrunnen, worin Weisheit und Verstand verborgen sind. Die dritte Wurzel Yggdrasils erstreckt sich in den Himmel bis nach Asgard, dem Land der Asen, wie das mächtige Göttergeschlecht genannt wird. Hierunter liegt der Urdsbrunnen. Noch heute wird darüber gestritten, was der Name "Yggdrasil" eigentlich genau bedeuten soll, allgemein jedoch heißt es soviel wie "Odin’s Pferd". Unbestritten dagegen ist die Tatsache, dass das wirkliche Reittier des obersten Gottes das graue achtbeinige Ross Sleipnir (altnord. "der Dahingleitende") war, welches von Loki, der sich als Stute verwandelt hatte, und dem Riesenhengst Svaðilfari gezeugt wurde.

Loki, die zwielichtige Person unter den Göttern und Herr des Feuers, hat noch drei andere Kinder in die Welt gesetzt, die aus einer Verbindung mit der Riesin Angrboða (altnord. "die Kummer Bereitende") stammen. Zwei von ihnen tauchten bereits auch in der Welt von Ah! My Goddess auf, der Fenriswolf und die Midgardschlange. Das dritte Kind ist Hel, die Göttin der nordischen Unterwelt. Alle drei gelten als die Weltfeinde, und vor allem die Taten der ersten beiden tragen zu den vier großen Ereignissen bei, die zusammengefasst als Ragnarök (Endschicksal der Götter) angesehen werden.
In der Götterdämmerung (germanische Apokalypse) peitscht die Midgardschlange den Ozean auf, sodass die Erde in den Fluten versinkt, und Fenrir verschluckt die Sonne und hüllt auf diese Weise alles in Dunkelheit. Der mächtige Gott Thor kann zwar seine Erzfeindin Midgard mit seinem Hammer Mjöllnir töten, stirbt jedoch kurz darauf an ihrem Gift. Odin wird nach langem Kampf mit Fenrir von diesem verschlungen, und erst seine Söhne Víðarr und Váli sind in der Lage, den Fenriswolf zu besiegen.

Man merkt natürlich schnell, dass nicht nur die Nordische Mythologie die Welt von Ah! My Goddess beeinflusst hat. Auch neuzeitliche christliche oder buddhistische Elemente sind überall anzutreffen. So gibt es beispielsweise in den germanischen Mythen keine Dämonen, wie wir sie kennen, und der alte Tempel, den Keiichi, Belldandy, Urd und Skuld gemeinsam bewohnen, weist nur allzu deutlich auf die überwiegend fernöstliche Glaubensrichtung hin. Aber auch der Brauch, Weihnachten zu feiern, dürfte schwerlich in der Edda zu finden sein. Einige, vor allem aus dem hohen Norden stammende Leute könnten hier widersprechen und an das heidnisch-germanische Opferfest Jul erinnern, wobei der Name auch heute noch in Skandinavien die übliche Bezeichnung für "Weihnachten" ist. Das Julfest der alten Germanen, welches sogar zeitlich übereinstimmend im Mittwinter gefeiert wurde, hatte zwar einen ausgesprochen religiösen Charakter, jedoch handelt es sich hierbei um einen vorchristlichen Brauch.
Und dennoch, alles in allem ist die Durchmischung der verschiedenen religiösen Weltanschauungen in Ah! My Goddess ausgesprochen gut gelungen, sie wirken sehr harmonisch miteinander, und es fällt beim Lesen oder Sehen auch nicht weiter auf, wenn man nicht gerade auf diesen Punkt achtet. Aber so sollte es auch eigentlich sein. © belldandy.de
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